Das Glück auf Dauer

Es ist ein großes Glück, einen Menschen zu finden, der das Leben mit uns teilen will, nicht nur heute und morgen, sondern für immer. Wie kann das Mitainander auf Dauer gelingen? Und was können wir tun, um unsere Beziehung zu stärken?

Die Diplom-Psychologin Christine le Coutre (Foto), Leiterin der Ehe und Familienberatung im Evangelischen Beratungszentrum München e.V. (ebz), berät seit 25 Jahren Paare. Im Interview gibt sie Tipps für das das Leben zu zweit. (Foto: EPV/Schröder)

Interview

Ein Paar - das ist die kleinste Form des "Wir". Aber auch ein Paar besteht aus zwei Menschen. Wie können wir Ich bleiben und gleichzeitig als Wir leben?

Le Coutre: Es ist immer wieder spannend, darüber nachzudenken, wie aus zwei einzelnen Personen ein Paar werden kann. Paar sein heißt ja nicht, die beiden geben alles auf, was sie für sich persönlich haben, sondern Paarsein heißt: Wir haben etwas gemeinsam, gemeinsame Interessen, gemeinsame Erlebnisse, gemeinsame Erfahrungen, aber ich darf mit meiner eigenen Persönlichkeit und meinen eigenen Interessen auch noch da sein. Ich habe meine eigenen Freunde, meine eigenen Hobbys und wir haben etwas Gemeinsames. Es ist tatsächlich immer wieder eine Herausforderung, da eine gute Balance zu finden.

Am Anfang ist die Liebe ganz leicht. Wir verstehen uns, einfach so, mit einem Blick. Später, mit den Worten – so scheint es – kommen auch die Missverständnisse. Warum ist das so und was kann man da machen?

Le Coutre: Wenn man sich kennen lernt, beginnt die Kommunikation oft ganz einfach. Man schaut sich an und hat das Gefühl, man spricht die gleiche Sprache, hat das gleiche Thema. Irgendwann fängt man an, sich voneinander zu erzählen, man hört sich gegenseitig zu und findet spannend, was der andere zu erzählen hat.

Im Alltag steigen die Anforderungen, der Stress nimmt zu, man ist nicht nur mit sich und dem anderen beschäftigt, sondern auch mit den Anforderungen, die das Leben sonst noch mit sich bringt, und es braucht Absprachen.

Das ist oft der Moment, wo Missverständnisse anfangen, wo Erwartungen gesetzt, aber nicht ausgesprochen werden. Ich erwarte irgendetwas von meinem Partner, zum Beispiel, dass er immer gleich die Socken wegräumt, wenn er sie ausgezogen hat, oder die Spülmaschine bitte gleich einräumt, aber ich spreche nicht drüber. Und das sind die Momente, wo es wirklich schwierig wird. Der Weg ist nicht, um Streit zu vermeiden, aufzuhören miteinander zu sprechen, sondern im Gegenteil immer mehr miteinander zu sprechen und Erwartungen zu klären.

Wenn ich mir den Alltag auf eine bestimmte Art vorstelle, dann ist es gut, das zu sagen. Und wenn mein Partner diese Vorstellungen  nicht erfüllen kann, ist es auch gut, dass er das sagt und wir in einen Aushandlungsprozess kommen.

Eigentlich sind wir als Paar zusammen, weil wir uns mögen. Und dann kracht es doch. Und heftig. Ist Streit ein Zeichen, dass man einfach nicht so gut zusammen passt?

Le Coutre: Es ist ein großes Missverständnis, dass streitende Paare eine schlechte Partnerschaft haben. Viel alarmierender ist es, wenn Paare nicht streiten. Wenn ich streite, signalisiere ich: Du bist mir so wichtig, dass ich das mit dir aushandeln möchte, dass ich einen Weg finden möchte, den wir gemeinsam gut gehen können, so dass deine Erwartung einen Platz hat und meine auch. Streiten ist eigentlich ein Qualitätsmerkmal für Partnerschaft. Die Frage ist nur: Wie streite ich? Das kann ja auch schief gehen. Ich kann auch sehr verletzend streiten. Und da gibt es tatsächlich zwei Pauschalregeln: Nie länger als 20 Minuten und nicht abends nach Neun. Das hat ganz pragmatische Gründe: Wenn ich länger als 20 Minuten streite, geht mir das Streitthema verloren. Ich fange an, alle alten Verletzungen aus der Partnerschaft auf den Tisch zu legen, und es geht nicht mehr nur noch um die Ordnung in der Küche oder unsere Erwartungen für das Wochenende. - Die zweite Regel „Nicht nach 21 Uhr“, hat den einfachen Grund: Da sind wir nicht mehr wach genug, um gut streiten zu können. Denn man muss sich auch konzentrieren können für einen guten Streit.

Händchenhalten, lange Küsse, wilder Sex. Wie wichtig ist körperliche Nähe für das Leben als Paar?

Le Coutre: Körperliche Nähe ist wichtig, um in Kontakt zu sein. Am Anfang einer Beziehung passiert das wie von allein. Alles ist gut, man freut sich über jede körperliche Berührung. Es lohnt dann, bei einer dauerhaften Beziehung sich Gedanken zu machen und sich auszutauschen: Wie wollen wir es halten mit der Körperlichkeit? Wieviel brauche ich? Wieviel brauchst du? In welcher Form brauchen wir das? Das passiert nicht von allein. Es ist gut, wenn Paare es schaffen, auch über ihre körperlichen, über ihre sexuellen Bedürfnisse zu sprechen und auch da einen Weg zu finden. Das ist für jedes Paar ein immer wieder spannender Austauschprozess, da gibt es keine Patentrezepte.

Bei Berührungen von Haut zu Haut wird ein besonderes Hormon ausgeschüttet, dass die Bindung aktiviert, das Oxytocin. Das ist nicht nur für die Eltern-Kind-Bindung wichtig, sondern auch für Partnerschaften. Wenn ich das Gefühl habe, wir gehören zusammen, wir schaffen das, egal was passiert, gibt mir das Sicherheit in der Partnerschaft und wir gehen zusammen durch Dick und Dünn. Und das kann man tatsächlich unterstützen durch körperlichen Kontakt.

Zum Geburtstag oder zum Valentinstag steht die Frage im Raum: Wie wichtig sind Geschenke oder Aufmerksamkeiten in einer Beziehung?

Le Coutre: Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft, eine Rose versüßt das Leben. Der Valentinstag bietet die Möglichkeit, kleine Geschenke zu machen. Da kann man natürlich die Haltung haben: Der wurde erfunden und wir machen da nicht mit. Aber wenn mir was an der Partnerschaft liegt, ist es wichtig, auch kleine Aufmerksamkeiten zu geben.

Es gibt Untersuchungen darüber, was glückliche Paare anders machen als Paare, die nicht so glücklich sind. und das frappierenste Ergebnis ist, dass es fünf positive Interaktionen braucht, damit ich eine negative aushalten kann. Positive Dinge sind kleine Geschenke, Aufmerksamkeiten, aber auch sowas wie „Schau mal, hast du den Vogel auf dem Baum gesehen?“ Und mein Partner wendet sich auch dem Vogel zu und schaut ihn mit mir an. Oder  die Kaffeetasse am Morgen. Ich könnte sie mir selber kochen, aber vielleicht schmeckt sie mir besser, wenn mein Partner sie mir auf den Frühstückstisch stellt. Das sind Kleinigkeiten im Alltag, kleine Aufmerksamkeiten, die das Leben leichter machen und die Beziehung stärken. Dann ist es auch viel leichter, mit Kritik umzugehen. Die Zauberformel an dieser Stelle heißt 5:1. Fünf kleine Aufmerksamkeiten und dann gelingt mir auch ein kritischer Moment.

Wenn wir es schaffen, unsere Bindung zu halten über körperlichen Kontakt, fünf positive Dinge, kein Streit nach Neun und gemeinsam gute Lösungen zu finden, dann können wir zusammen glücklich sein bis ans Ende unserer Tage.